„Aber das braucht Zeit“. Diesen Satz lese ich oft und meistens ist er noch kursiv geschrieben, um seine Wichtigkeit herauszustreichen. Wir schreiben beherzt von Kooperation, Vertrauen, Gesundheit, neuem Lernen und Verstehen: „Aber das braucht Zeit“. Ein Satz der alles vorher geschriebene relativiert, eine Art Entschuldigung, ein Verweis darauf, dass die aktuelle Zeitlichkeit von externen und nicht beeinflussbaren Normen bestimmt wird. Wir schreiben nicht „Ich nehme mir die Zeit“; denn dies geht nicht, weil es unseren Maximen des täglichen Handelns und Denkens widerspricht. Wir schreiben auch nicht „Ich habe keine Zeit“. Diese käme einem persönlichen Eingeständnis eines defizitären Umgangs mit der Ressource Zeit gleich.
„Aber das braucht Zeit“ ist ein Synonym für unsere Fokussierung auf die Kurzfristigkeit und das Fehlen einer langfristigen Perspektive. Die Aussage fasst unseren aktuellen Umgang mit Zeit zusammen, der sich als gesellschaftlich anerkannte und geforderte Form des Wegschauens (der Immunisierung) unter dem Deckmantel eines kurzfristigen Betätigungs- und Fortschrittsdranges zeigt.
Der Umgang mit dem Satz „Aber das braucht Zeit“ ist inhaltlich die Brücke über aktuelle Leerräume, die unseren Weg in die Zukunft weisen wird.