top of page

Dauer und Wandel oder von Apokalyptikern und Integrierten



Unser Alltag ist einerseits organisiert in der Gewissheit sich wiederholender Rhythmen. Natürlich Rhythmen wie Tag und Nacht, Schlafen und Wachen, wir schaffen aber auch künstliche Wiederholungen; wie dies die Möglichkeit von technischer Wiederholbarkeit darstellt. Ohne Wiederholung gibt es keine „Klassiker“.

Andererseits ist uns Wandel immer wichtiger. Ob gewollt oder nicht, unsere Zeit scheint sich gerade durch die Stabilität des Veränderungsdrucks auszuzeichnen.

Wem glauben wir? Demjenigen, der behauptet, dass wir an den alt hergebrachten Traditionen unbedingt festhalten sollten. Oder denjenigen, die uns Versprechen in Zukunft mit Informationstechnologien alle Probleme zu lösen?

Wir tendieren dazu, Kontinuität als Stillstand, Status quo, Dauer oder gar Rückschritt zu interpretieren. Kontingenz hingegen verbinden wir mit Fortschritt, Innovation, Veränderung und notwendiger Ungewissheit.

Die Proportionalität der beiden Begriffe scheint in der jetzigen Zeit in Gefahr zu sein. Für die einen wird Kontinuität als Bewahren und Konservieren immer wichtiger, für die anderen sind die infotechnischen Möglichkeiten der Zukunft Heilsversprechen.

Beide Gruppen sind der Meinung, dass das Neue „über eine Radikalisierung des Unterschiedes“ (Achille Mbembe, Politik der Feindschaft) erreicht werden muss. Die einen brechen mit der Zukunft, die anderen mit der Vergangenheit.

Was daraus folgt, beschreibt Jan-Felix Schrade folgendermassen: „Und ähnlich wie im Falle früherer technologischer Umbrüche treten auch heute die bekannten Figuren des berauschten Evangelisten, des kritischen Apokalyptikers und des bereits praktisch Integrierten auf, (…).“ (Jan-Felix Schrape, Big Data als Erwartungsraum)

Das eigentliche Problem besteht nicht darin, sich für die einer oder die andere Möglichkeit zu entscheiden, sondern darin, wie der Zusammenhang von Dauer und Wandel, von Kontinuität und Kontingenz, gedacht werden kann. Dass ein notwendiger Zusammenhang besteht, hat Odo Marquard so formuliert: „Zukunft braucht Herkunft, Wahl braucht Üblichkeiten“. (Zitiert nach Ursula Pfeiffer, Kontinuität und Kontingenz)

33 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page