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Der Fünfer und das Weggli



Wenn ein Lernender in der Schule nach einer gefühlt gut gelungenen Unterrichtseinheit zu Thema „Rasen“ der Lehrperson begeistert erzählt, wie er letztes Wochenende auf einer Autobahn in Deutschland mit 220 km/h unterwegs war und wenn das genau der Lernende war, der im Unterricht die besten Inputs gegeben hat, dann lässt diese Begebenheit die Lehrperson doch ziemlich verdutzt zurück. Schnell ist dann die Diagnose gemacht: Kein Interesse, unfähig zusammenhänge zu sehen, noch nicht reif, verwirrt, Handygeneration eben. Ähnliche Gefühle können auch die Themen Umwelt und Ökologie zurücklassen. Der Unterricht läuft gut und die Lernenden haben den Treibhauseffekt begriffen. Sie sind tief betroffen, wenn sie die Folgen des Klimawandels medial vorgeführt bekommen. Trotzdem halten sie nichts von Kleinautos und regionalem, biologischem Gemüse. Unglaublich, dass sie sich nicht ändern wollen, obwohl die Faktenlage doch erdrückend ist, mag sich die Lehrperson denken. Liegt es an der Denkfähigkeit der Lernenden oder spielen sie einfach Theater und heucheln der Lehrperson Interesse vor?

Eine 2016 veröffentlichte Studie der Forschungsstelle sotomo mit dem bezeichnenden Fazit „Sie wollen beides“ zeigt, dass sich dieses Verhalten nicht nur auf Jugendliche beschränkt. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Knapp 60 % der Befragten bezeichnen Umweltbewusstsein und ökologische Nachhaltigkeit als wichtig oder sehr wichtig. Vergleicht man diese Gruppen mit der Gruppe der „Indifferenten“ treten aber Einfamilienhausbesitz und ein Arbeitsweg von mehr als 10 Kilometern gleich häufig auf. Ein Widerspruch.

  • Umweltbewusste fliegen kaum viel weniger als diejenigen, die der Umwelt gleichgültig gegenüberstehen. Ein Widerspruch.

Nein, wir sind keine Heuchler, aber wir sind Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, die sich nach dem Soziologen Hartmus Rosa durch institutionalisierte Entfremdung auszeichnet.

Unsere alltagswirksamen Handlungspraktiken, basierend auf einer wettbewerbsorientierten Steigerungslogik, verselbstständigen sich gegenüber unseren normativen Orientierungen. Es scheint so zu sein, dass diese Handlungspraktiken weitgehend gegen Einflüsse von aussen gefeit sind.

In der alltäglichen Lebensführung hat dann eben das Statussymbol Auto einen handlungsbestimmenden Wert gegenüber dem durchaus auch sehr wichtigen Wert des Umweltschutzes.

Das Versprechen der Zeitersparnis durch die Benützung des Flugzeuges, oder der Zwang möglichst schnell an den Bestimmungsort zu gelangen dominieren das aufschiebbare ökologische Gewissen.

Normative Orientierungen haben keine „Deadline“, keine Frist und sie sind nicht steigerungsfähig.

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